politischer Katholizismus

politischer Katholizịsmus,

 

im 19. Jahrhundert entstandene Bezeichnung für das Auftreten der Katholiken als politische Kraft in modernen Staats- und Gesellschaftssystemen; häufig abschätzig gebraucht als Inbegriff einseitig klerikaler, päpstlicher und kirchenorientierter Sonderinteressen, aber auch als Ausdruck für eine kirchlich geprägte Politik mit dem Ziel der Unabhängigkeit von staatlicher Bevormundung. Träger des politischen Katholizismus waren und sind die Vertreter der kirchlichen Hierarchie (»Amtskirche«), aber auch Laien, oft innerhalb und außerhalb der Kirche organisiert in Vereinen, Verbänden, Parteien. Die Entstehung des politischen Katholizismus in West- und Mitteleuropa geht zurück auf die politischen Umwälzungen um die Wende zum 19. Jahrhundert, wobei der Kampf gegen den als übermächtig kritisierten Staat, speziell gegen kirchen- und kulturpolitischen Modernisierungen, eine Hauptrolle spielte und häufig eine Erneuerung der mittelalterlichen Ständegesellschaft angestrebt wurde. Die herausragende parteipolitische Vertretung des Katholizismus war in Deutschland bis 1933 die Zentrumspartei. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich in der Bundesrepublik Deutschland die konfessionsübergreifende Formierung in CDU/CSU durch.

 

Die Zielsetzungen des politischen Katholizismus bis heute sind sehr vielgestaltig, da die Frage der Staatsform traditionell gegenüber der Sicherung kirchlichen Einflusses zurücktritt und die Ziele der katholischen Soziallehre unterschiedlicher Interpretationen zulassen. (Staat und Kirche)

 

Literatur:

 

Der soziale u. p. K. Entwicklungslinien in Dtl. 1803-1963, hg. v. A. Rauscher, 2 Bde. (1981-82);

 K.-E. Lönne: P. K. im 19. u. 20. Jh. (1986).